Sobald die Sonnenstrahlen im Frühling wieder intensiver werden, greifen die meisten Menschen regelmäßig zur Sonnenbrille, um ihre Augen zu schützen. Neben dem reinen UV-Schutz steht für viele Menschen der modische Aspekt im Vordergrund: Für die neuesten Modelle bekannter Modefirmen werden gerne dreistellige Beträge hingeblättert. Doch sind Sonnenbrillen wirklich so gut wie ihr Ruf?
Sonnenbrillen: UV-Schutz oder Gefahr für unser Hormonsystem?
Fakt ist: Zu viel Sonne kann schaden – nicht nur den Augen, sondern auch der Haut. Wer im Sommer noch keine gesunde Bräune aufgebaut hat, sollte sich nicht zu lange ungeschützt der Sonne aussetzen, um Sonnenbrand und Folgeschäden zu vermeiden. Falscher Ehrgeiz beim Turbo-Bräunen macht mehr kaputt als die Sonne nutzen kann. Ganz abgesehen davon wird man auch im Schatten braun. Zu wenig Sonne sorgt hingegen für einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut – ein Mangel kann die Ursache zahlreicher Erkrankungen sein.
Mit den Augen ist das ähnlich: Schauen wir ständig direkt in die Sonne, drohen irgendwann ernsthafte Augenerkrankungen. Vor allem der UV- und Blaulichtanteil des Sonnenlichts kann den Augen schaden. Lichtquellen, bei denen die blauen Wellenlängen überwiegen, erfordern besondere Vorsicht. In diesem Zusammenhang hört man immer wieder, dass das Licht der LEDs in Smartphone-, Computer- und TV-Bildschirmen langfristig die Entwicklung einer Makuladegeneration fördern kann. Das Licht der Sonne ist hingegen ausgewogener und ändert seinen Wellenlängenbereich im Laufe des Tages. Morgens und abends sind beispielsweise die roten, langen Wellenlängen besonders stark ausgeprägt.
Beste Freunde: Serotonin, Melatonin und Sonnenlicht
Während unsere Haut die Sonnenstrahlen benötigt, um Vitamin D zu bilden, so brauchen unsere Augen das Licht, um unser Hormonsystem in Balance zu halten. Die Zirbeldrüse, eine kleine Drüse im Gehirn, steuert unseren Tag-Nacht-Rhythmus, indem sie am Abend und in der Nacht das Schlafhormon Melatonin produziert – also immer dann, wenn es dunkel ist. Wann Tag und wann Nacht ist, erfährt die Zirbeldrüse durch “Lichtbotschaften”, die ihr der Sehnerv übermittelt.
Betrügen wir unsere Augen, indem wir bei starker Helligkeit ständig eine Sonnenbrille aufsetzen und dem Sehnerv vorgaukeln, es sei Abend, kann das Hormonsystem durcheinander geraten. Denn ist es hell, schüttet unserer Körper vermehrt Serotonin (das Glückshormon) aus, das die Zirbeldrüse benötigt, um überhaupt Melatonin bilden zu können, uns aber tagsüber fit und wach hält. Dunkeln wir unsere Welt durch die Sonnenbrille ab, fühlen wir uns zuerst müde und schlapp, weil auch tagsüber Melatonin gebildet wird und entwickeln langfristig Schlafstörungen, weil der Zirbeldrüse das Serotonin fehlt, um weiterführend ausreichend Melatonin herzustellen. Ein Teufelskreis, der zu zahlreichen Symptomen bis hin zur Depression führen kann.
Augen besitzen integrierten Sonnenschutz
Über die Jahrmillionen hinweg, die Leben auf der Erde existiert und die Evolution den modernen Mensch hervorgebracht hat, haben sich unsere Augen an die Sonne gewöhnt. So wie sich die Haut durch den Farbstoff Melanin (nicht mit Melatonin zu verwechseln) vor zu viel Sonne bzw. dem schädlichen Anteil der Sonnenstrahlen schützt, so schützen sich unsere Augen über die Adaption: Ist es hell, verengen sich unsere Pupillen – ist es dunkel, weiten sie sich, um mehr Lichteinfall zu ermöglichen.
Wer dennoch zur Sonnenbrille greifen will, sollte unbedingt auf einen starken UV-Schutz achten. Dunkle Gläser (egal ob mit oder ohne UV-Schutz) absorbieren das sichtbare Licht und führen damit zu einer Weitung der Pupillen. Ist nun kein ausreichender UV-Schutz vorhanden, strömt mit Sonnenbrille mehr UV-Licht auf die Netzhaut als ohne Sonnenbrille. Die Folge kann beispielsweise eine schmerzhafte Binde- und Hornhautentzündung sein. Achten Sie bei Sonnenbrillen deshalb unbedingt auf das CE-Kennzeichen.
Zusätzlich ist unsere Netzhaut mit vielen Antioxidantien ausgestattet, welche die Entstehung freier Radikale durch UV-Strahlung hemmen. Wie hoch der Anteil an Antioxidantien ist, lässt sich über die Ernährung beeinflussen. Besonders gut für die Augen sind die Carotinoide Lutein, Beta-Carotin sowie das Antioxidans Vitamin C. Die Carotinoide (z. B. reichlich in Mango enthalten) schützen gleichzeitig unsere Haut durch Farbstoffeinlagerungen vor dem schädlichen Anteil des Sonnenlichts.
Wann eine Sonnenbrille trotzdem Sinn macht
Wer Urlaub am Äquator macht, sich direkt am Wasser sonnt oder hoch in den Bergen durch den Schnee wandert, der tut gut daran, seine Augen zu schützen. Denn an solche Ausnahme- und Extremsituationen sind nur die wenigsten Augen gewöhnt. Auch die Augen von Kleinkindern sollten in der Sonnen geschützt werden. Im normalen sonnigen Sommeralltag sollte man hingegen öfter mal auf die Sonnenbrille verzichten.
Quellen & Verweise
https://www.welt.de/gesundheit/article141964215/Warum-viele-Sonnenbrillen-mehr-schaden-als-nutzen.html
https://www.spektrum.de/news/warum-blaues-licht-den-augen-schadet/1584090
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie-kompakt/hell-dunkel-adaptation/5367
https://www.zeit.de/zeit-magazin/2016/25/depressionen-psychotherapie-antidepressiva-serotonin-medikamente