Die Scheidungsraten nehmen stetig zu: Fast jede dritte Ehe wird in Deutschland wieder geschieden. Unabhängig davon, ob die Scheidung einvernehmlich vollzogen wird oder die Situation eher als klassischer Rosenkrieg zu bezeichnen ist, bedeutet eine Scheidung Stress. Besonders bei gemeinsamen Wohneigentum gibt es jede Menge zu beachten. An erster Stelle steht immer die Frage: Sollen wir das gemeinsame Haus verkaufen oder soll eine Partei das Haus behalten und die andere Partei ausbezahlen? Wir verraten euch, worauf es jetzt ankommt und wie ihr die Sache mit dem Haus so stressfrei und zeitsparend wie möglich abwickelt.
Gemeinsames Haus & Scheidung: Was passiert?
Falls ihr nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart habt (und diese Vereinbarung auch schriftlich festgehalten wurde), gilt während der Ehe der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Falle einer Scheidung kommt es dann zum sogenannten Zugewinnausgleich. Konkret bedeutet dies, dass Vermögensgüter – also auch Immobilien – unter den Ehepartnern aufgeteilt werden. Wie man den Zugewinnausgleich ohne Anwalt berechnet, erfahrt ihr z. B. hier. Viel wichtiger ist jetzt aber erst einmal, zu verstehen, dass Häuser nicht so ohne Weiteres untereinander aufgeteilt werden können. Falls ihr euch also nicht einigen könnt, was mit dem Haus passieren soll, müsste im Zweifel ein Gericht entscheiden. Die Folgen sind mehr Stress und höhere Kosten. Eine außergerichtliche Einigung ist also in jedem Fall die bessere Option.
Die Möglichkeiten: Haus verkaufen, behalten oder Realteilung?
Bevor ihr euch einigen könnt, müsst ihr natürlich erst einmal alle Möglichkeiten kennen, wie mit dem Haus verfahren werden kann.
Möglichkeit 1: Realteilung
Bei der Realteilung wird das gemeinsame Haus nach der Scheidung in zwei baulich abgeschlossene Wohneinheiten aufgeteilt. Jeder kann mit seinem Teil des Hauses nun so verfahren, wie er oder sie es für richtig hält – also selber drin wohnen oder aber vermieten.
Möglichkeit 2: Haus verkaufen
Weitaus häufiger entscheiden sich Eheleute im Falle einer Scheidung für den Verkauf des Hauses. Der erzielte Kaufpreis wird dann gemäß der Höhe der Eigentumsanteile auf beide Parteien aufgeteilt.
Möglichkeit 3: Haus behalten und Ehepartner auszahlen
Falls ihr euch darauf einigt, dass einer von euch in dem Haus wohnen bleibt, muss der jeweils andere Ehepartner ausbezahlt werden.
Wichtig: Ist das Haus noch nicht abbezahlt und wurde der Darlehensvertrag GEMEINSAM geschlossen, muss die Bank bei diesem Vorgehen unbedingt mit einbezogen werden. Diese muss den Ehepartner, der aus dem gemeinsamen Haus auszieht, aus der Mithaftung entlassen. Allerdings sind die Banken nicht dazu verpflichtet. Eine Alternative dazu ist, den Kredit vorzeitig abzulösen. In diesem Fall wird jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Läuft das Darlehen schon mindestens 10 Jahre, ist die vorzeitige Tilgung oft ohne Vorfälligkeitsentschädigung möglich.
Möglichkeit 4: Haus auf Kinder überschreiben
Sollte ein Kind aus der Ehe hervorgegangen sein, kann das Haus prinzipiell auf dieses überschrieben werden. Sollte das Kind zum Zeitpunkt minderjährig sein, muss das Vormundschaftsgericht der Übertragung auf das Kind zustimmen. Auch bei der Schenkung ist die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts notwendig.
Beachtet bitte: Die Übertragung einer Immobilie auf das gemeinsame Kind kann für dieses zu einer Belastung werden. Schließlich überträgt man mit dem Haus auch sämtliche Eigentümerpflichten auf das Kind.
Möglichkeit 5: Teilungsversteigerung
Könnt ihr euch auf keine der vier zuvor genannten Möglichkeiten einigen, bleibt euch noch die Teilungsversteigerung. Unabhängig vom Miteigentumsanteil kann jeder von euch diesen Antrag beim Amtsgericht stellen. Ein Vollstreckungsgericht versteigert das Haus dann öffentlich. Allerdings entspricht der Erlös meist nicht dem, was ihr bekommt, wenn ihr euch gemeinsam zum Verkauf des Hauses entschließt. Den Wert eures Hauses könnt ihr z. B. durch ein Verkehrswertgutachten von einem Sachverständigen ermitteln lassen.
Scheidung: Gemeinsames Haus noch nicht abbezahlt?
Falls das Haus im Falle einer Scheidung noch nicht abbezahlt ist, stellt sich die Frage, wer für das Darlehen eintreten muss. Grundsätzlich haftet die Person für das Darlehen, die den Kreditvertrag mit der Bank geschlossen hat. Das kann zwar prinzipiell eine einzelne Person sein, doch meist schließen die Banken den Vertrag mit beiden Eheleuten. Schließlich haben die Banken ein Interesse daran, die Schuld bestmöglich abzusichern. Begleicht einer von euch die Schuld, besteht gegenüber dem anderen ein Anspruch auf Ausgleich der Hälfte des Betrages. Ist einer von euch finanziell nicht dazu in der Lage, sich an der Tilgung des Darlehens zu beteiligen, kann er nicht einfach so aus der Mithaftung entlassen werden. Lediglich bei einer absehbaren und erheblichen finanziellen Überforderung ist die Mithaftung des finanziell schlechter gestellten Ehepartners sittenwidrig. Ein Beispiel dafür sind Ehefrauen ohne Einkommen und Vermögen, die dennoch auf Verlangen der Bank den Kreditvertrag mit unterzeichnen mussten.
Tipp: Es empfiehlt sich, den Umgang mit gemeinsamen Wohneigentum bereits bei der Eheschließung schriftlich festzuhalten. So erspart ihr euch im Falle einer Scheidung viel Stress und Ärger.