In früheren Zeiten war es ganz normal, dass die komplette Familie sich zu Mahlzeiten am Essenstisch zusammenfand. Im Laufe der Zeit ist dieses Gemeinschaftserlebnis leider allzu oft dem veränderten, stressigen Alltag zum Opfer gefallen. Dabei gibt es jede Menge gute Gründe, das gemeinsame Essen, besonders im Hinblick auf unsere Kinder, zu pflegen – sei es zu Hause in der Familie, aber auch in der Schule oder im Kindergarten.
Struktur im Tagesablauf
Kleinkinder kennen noch keine Uhr. Gemeinsame Mahlzeiten mit der Familie können helfen, neben Spielen und Schlafen ein Gefühl für eine gewisse Tagesstruktur zu entwickeln. Das Empfinden für hungrig und satt stellt sich bald ein, erkennen sie doch recht schnell, dass es nicht rund um die Uhr etwas zu essen gibt – also nicht immer, wenn sie es möchten, sondern dann, wenn die Zeit der gemeinsamen Mahlzeit gekommen ist. Unkontrolliertes mal hier, mal da Naschen entfällt und die geregelte Essenseinnahme bildet so einen wichtigen Grundstein zu einem bewussten und gesunden Essverhalten.
Der Mensch braucht Gemeinschaft
Der Mensch ist ein soziales Wesen und gerne in Gesellschaft. Besonders bei kleineren Kindern klagen viele Eltern über „Schlechtesser“. So kommen diese auf die verrücktesten Ideen, laufen beispielsweise mit dem Essen hinter den Kindern her oder füttern sie vor dem laufenden Fernseher, damit sie überhaupt etwas zu sich nehmen. Erfahrungsgemäß ändert sich das häufig, wenn die Kinder in die Kita kommen und mit mehreren Kindern und deren Erzieher/-innen zu festen Zeiten gemeinsam am Tisch sitzen. In Gemeinschaft essen diese Kinder zudem nicht selten vielfältiger, denn auch die Experimentierfreudigkeit in Bezug aufs Probieren von Lebensmitteln nimmt zu – ganz einfach, weil die anderen es auch tun.
Mehr als nur Nahrungsaufnahme
Gemeinsames Essen soll nicht nur Nahrungsaufnahme sein, sondern eine Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen. Die Erlebnisse des Tages können berichtet und gemeinsam Pläne geschmiedet werden. Sorgen und Nöte kann man sich von der Seele reden, Trost und Zuwendung erfahren. Das Gefühl von Geborgenheit und die gefühlte Sicherheit, nicht allein zu sein, wird auf diese Weise gestärkt.
Ein Ort des Lernens für Kinder
Am gemeinsamen Essenstisch können Wertvorstellungen und Tischregeln, aber auch anderes Wissen, leicht vermittelt werden: Indem die Kinder lernen, was zu welcher Mahlzeit auf den Tisch kommt und dass das eigene Lieblingsessen nicht zwingend allen anderen schmeckt, werden soziale Kompetenzen gestärkt. Wie man was isst, ob mit Messer und Gabel, Löffel oder mit der Hand, lernen die Kinder durch das Kopieren des elterlichen Verhaltens. Im gemeinsamen Gespräch kann auch bereits ganz locker ein wenig Lebensmittelkunde betrieben werden: Was ist gesund, was weniger (und wieso), wo kommen welche Lebensmittel her, welches Fleisch stammt von welchen Tieren und wie oft kommt Fleisch überhaupt auf den Teller: Eine sanfte Hinführung der Kinder zu einer gesunden und umweltbewussten Ernährung wird dadurch enorm erleichtert.
Essen mit Freude und Genuss
Erwachsene sollten sich allerdings hüten, althergebracht, unsinnige Moralvorschriften am Essenstisch durchsetzen zu wollen. Aussagen wie: „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“ oder: „Der Teller wird leer gegessen“, bringen überhaupt nichts. Essen darf keine Qual darstellen, sondern wird im Idealfall als Genuss und Freude empfunden. Schließlich hat jeder Mensch Lebensmittel, die er nicht mag oder vielleicht sogar aus medizinischen Gründen nicht verträgt. Eltern sollten hier sensibel sein und nicht pauschalisieren. Wir finden: Es ist durchaus richtig und wichtig, Kinder zu animieren, alles zumindest mal zu probieren – aber die Kleinen dürfen auch Dinge nicht mögen. Unverträglichkeiten sollten natürlich zwingend ärztlich abgeklärt werden.
Berufstätig? Kein Problem!
Selbst die Berufstätigkeit beider Elternteile (oder eines Elternteils bei Alleinerziehenden) muss nicht unbedingt ein Hindernis für gemeinsame Mahlzeiten sein. Mit ein wenig Organisationstalent und gutem Willen bekommt man es meist ganz gut hin, ein kleines gemeinsames Frühstück oder ein gemeinsames Abendessen möglich zu machen. Wenn das Kochen über die Woche nicht so regelmäßig klappt, tut es an diesen Tagen auch das gemeinsame Abendbrot – oder was es eben sonst am Abend gibt.