Bei offensichtlichen Sprachstörungen wie Lispeln und Stottern hilft der Logopäde – klar. Doch auch in vielen anderen Situationen macht Logopädie- vor allem für Kinder – Sinn. Zum Beispiel dann, wenn Buchstaben verdreht werden und Kinder auffällig spät beginnen, sich mit Hilfe von Sprache verständlich zu machen und damit Einfluss auf ihre Umgebung zu nehmen. Aber wann genau sollte ein Kind zum Logopäden und wann ist noch alles im grünen Bereich? Wir haben dazu mit einer Logopädin gesprochen.
Sprachentwicklung bei jedem Kind anders
Nur, weil das eigene Kind weniger spricht als andere gleichaltrige Kinder, ist noch lange keine logopädische Therapie notwendig, sagt uns Anna Klotzsche, Logopädin mit eigener Praxis in Chemnitz. “Doch werden auffällig häufig Buchstaben vertauscht, Sätze verdreht oder Laute und Worte vollkommen falsch betont, sollten Eltern durchaus hellhörig werden”, erklärt man uns.
Ein erster “Check” sollte spätestens im Alter von zwei Jahren erfolgen. Ein Wortschatz, der rund 50 Wörter (oder mehr) umfasst. gelte zu diesem Zeitpunkt als normal. Auch Kombinationen aus zwei Wörtern sollten beherrscht werden. “Im Alter von drei Jahren folgt ohnehin die U7a Vorsorgeuntersuchung beim Kinderarzt. Auffälligkeiten sollten hier unbedingt besprochen werden. Gegebenenfalls wird der Kinderarzt ein Rezept für eine logopädische Behandlung ausstellen”, verrät uns die Expertin. Vorab werde aber in jedem Fall ein Hörtest durchgeführt.
Hinkt ein Kind im Alter von bis zu drei Jahren bei Sprachverständnis, Aussprache, Wortschatz und Grammatik der durchschnittlichen Altersnorm hinterher, sprechen Experten von einer Sprachentwicklungsverzögerung. Ab drei Jahren gelten Abweichungen von der Norm bereits als Sprachentwicklungsstörung (SES ). Hier sollten Kinderarzt und / oder Logopäde eine umfassende Diagnose einleiten und entsprechende therapeutische Maßnahmen ergreifen.
„Late-Talker“ und “Late-Bloomer”
Bis zu 20 Prozent aller Kinder im Alter von bis zu zwei Jahren tun sich mit dem sprechen schwerer als Altersgenossen. Hier spricht man dann von sog. “Late-Talkern”, also z. Dt. “Spätsprechern”. Nicht immer sei das ein Grund zur Sorge, erzählt uns die Logopädin: “Etwa ein Drittel der Spätsprecher holt den Rückstand bis zum vierten Lebensjahr wieder auf.”
Auffälligkeiten und Störungen: behandlungsbedürftig oder nicht?
Zu den häufigsten sprachlichen Auffälligkeiten im Kindesalter zählen Schwierigkeiten bei der Artikulation und Lautbildung. Das zeige sich insbesondere durch Lispeln oder eine problematische Aussprache des SCH-Lauts, verdeutlicht die Expertin. Werden solche Auffälligkeiten beobachtet, sei der Kinderarzt der richtige Ansprechpartner. Gemeinsam mit dem Logopäden oder der Logopädin wird dann diagnostiziert, ob es sich um eine Auffälligkeit oder eine Störung handelt.
Rund fünf bis acht Prozent aller Kinder im Vorschulalter sind von einer Sprachstörung betroffen. Sprachauffälligkeiten betreffen häufig Kinder, denen der Input im Elternhaus fehlt – zum Beispiel, weil dort kein oder nur sehr wenig Deutsch gesprochen wird. Eine weitere Ursache für Sprachstörungen können Lippen-, Kiefer-, Gaumen- und Segelspalten sein. Auch organische Ursachen sind möglich.
Wie helfen Logopäden?
Logopäden nähern sich dem Kind spielerisch und gehen jeweils auf die individuellen Bedürfnisse ein, erklärt uns Klotzsche. Besonders wichtig sei außerdem, dass Eltern umfassend in die logopädische Behandlung eingebunden würden. „Der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, ob das in den Therapiesitzungen Erlernte auch zu Hause umgesetzt wird. Hier sind die Eltern gefragt”, sagt die Logopädin. Klotzsche weiter: „Grundlegend gilt: Je früher ein Kind zu uns in Behandlung kommt, desto besser. Im Rahmen der logopädischen Frühförderung können wir beispielsweise vorbeugend auf Sprachentwicklungsstörungen einwirken“. Eine spätere Therapie würde somit oft unnötig.
Zahlt die Krankenkasse für Logopädie bei Kindern?
Sofern durch einen Kinderarzt verordnet, übernehmen die Krankenkassen bis zu 100 der Kosten für eine logopädische Therapie. Eine einzelne ärztliche Verordnung bezieht sich auf 10 Sitzungen à 45 Minuten. Bei Erwachsenen werden lediglich 90 Prozent der Kosten erstattet.